Ein Wochenende in Unkel am Rhein. Klingt nach 70er-Jahre und Weinprobe mit mittelmäßigem Weißwein und Käsewürfeln in feucht-staubigen Kellern. Im Restaurant „Zur Traube“ darf man heute aber wunderbare kreative und gleichsam klassische Küche im Rebengarten erleben. Gerne auch mit etwas 70er-Feeling 😉
Unkel am Rhein, ein niedliches Städtchen kurz hinter Königswinter, war in den Jahren der Samba-Züge ein beliebtes Ziel für feucht-fröhliche Kegelausflüge. In Corona-Zeiten ist von einer Partystimmung nichts zu sehen. Garnicht schlimm! Schließlich gibt es in der Traube lecker Essen!
Lecker Essen mit etwas Nostalgie
Das Ambiente erinnert tatsächlich etwas an frühere Zeiten. Die frischen Weinreben unter dem Dach des Restaurants schaffen aber eine gemütliche Atmosphäre und passen definitiv nach Unkel am Rhein. Und für den Rest Wohlfühlfaktor sorgen die Mitglieder des Familienbetriebs.
Die Speisekarte der Traube ist abwechslungsreicher als vermutet. Asiatische Aromen und klassische Winzerküche sind ebenso vertreten wie Steak oder Kalbsleber. Das hat tatsächlich dazu geführt, das die Entscheidung am Tisch nicht leicht fiel.
Zum Glück waren wir zwei Abende in Unkel!
Wenn man sich nicht entscheiden kann, dann teilt man sich gerne mal eine Vorspeise. Wildmaultäschle mit gebratenen Pilzen sollten es zu diesem Zweck werden. Hauchdünner Nudelteig mit feinem Wildbrät gefüllt, dazu verschiedene, knackig gebratene Pilze und das Ganze von einem göttlichen Sößchen (tiefdunkel und mit dezentem Sojasoßen-Aroma) begleitet. Eigentlich zu schade zum Teilen 😉
Meine Wahl fiel am ersten Abend auf das Dry Aged Rumpsteak vom Eifeler Simmentaler Rind mit Bratkartoffeln. Die eigentlich vorgesehenen Speckbohnen durfte ich ganz selbstverständlich ohne Aufpreis gegen einen Beilagensalat tauschen.
Was ein Glück, der feine gemischte Salat konnte nämlich ohne Probleme mit den perfekten Salaten jenseits des Salatäquators mithalten. Bohnen, Karotten, Tomaten – alles einzeln mariniert. Und dann obendrauf Blattsalate in cremigem Knoblauchdressing. So geht Salat!
Aber ich will das perfekt medium-rare-gebratene Steak nicht vergessen. Eine wirklich herausragende Fleischqualität kommt in der Traube auf die Teller. Das Bällchen Kräuterbutter war würzig und hausgemacht – es geht halt doch ohne die berühmte Meggle-Butter, die man sonst gerne serviert bekommt.
Die Bratkartoffeln hätten für meinen Geschmack etwas knuspriger sein dürfen. Dafür waren sie aber nicht fettig und – wie alle Speisen in der Traube – sehr gut gewürzt.
Meine bessere Hälfte wählte mal wieder die gebratene Kalbsleber „Berliner Art“ – kriegt er ja in der Sternestullenküche nicht ;-). Die dünnen Scheibchen der Leber waren tatsächlich scharf angebraten und dennoch innen noch leicht rosa. Dazu gab es klassisch Kartoffelpüree, Apfelspalten und Zwiebeln. Rundum gelungen und lecker.
Und wenn es am späteren Abend noch etwas mehr 70er-Flair sein darf, dann bestellt man sich eben ein paar Käsewürfel. Und die kommen daher, wie es sich gehört. Ohne Worte!
Zweiter Abend, zweite Chance auf gutes Essen
Diesmal sollte es vorweg eine Rinderkraftbrühe mit Flädle sein. Brühe kräftig, die Flädle reichlich, serviert in einer klassichen Löwenkopf-Terrine – da wird es warm in Bauch und ums Herz.
Beim Hauptgang waren sich meine bessere Hälfte und ich einig: Wildschnitzel mit buntem Gemüse und Spätzle! Ich fragte direkt die freundliche Schwiegertochter-Servicekraft, ob es denn auch Soße dazu gäbe? Heftiges Kopfnicken und ein – trotz Maske erkennbares – lächelndes „Aber sicher“ ließen die Vorfreude steigen.
Sehr freundlicher und kompetenter Service
Schließlich war das Sößchen vom Vortag noch in mehr als guter Erinnerung. Und die Küche der Traube erfüllte alle meine Erwartungen. Ein butterzartes Schnitzel wurde von einer kräftig-sämigen Soße begleitet. Wunderbar! Vor allem, weil uns auf Nachfrage noch reichlich Nachschlag gebracht wurde.
Die servierten Spätzle waren tatsächlich hausgeschabt. Das bunte Gemüse – abwechslungsreich und knackig – lieferte die gesunde Beilage. Den Beilagensalat hatte ich mir übrigens schon als Vorspeise bestellt 😉
In der Traube stehen auch Spinatknödel auf der Karte. Kurz gefragt, ob ein einzelner Knödel „Zum Probieren“ bestellt werden könne. Natürlich konnte! In der Traube wird Service nämlich groß geschrieben. Was ein Glück, der Knödel konnte nämlich ohne Probleme mit denen gehobener Südtiroler Küchen mithalten!
Fluffig, würzig, zart, dazu flüssige Butter mit Schnittlauch und reichlich Parmesan – ein Genuss, der für Sehnsucht nach den Dolomiten sorgt!
Käsewürfel sollten es am zweiten Abend nicht werden. Statt dessen entschied ich mich mit meiner Freundin für ein Dessert „mit zwei Löffeln“. Geliefert wurden sogar vier Löffel, allerdings konnten sich die Männer am Tisch für die zartbittere Schokoladentarte mit Kumquat-Chili-Kompott und Birnen-Sanddorn-Sorbet so garnicht begeistern.
Keine Ahnung, warum. Ich vermute, das Dessert war ihnen nicht süß genug. Daher war es genau richtig für mich. Süß, sauer, leicht bitter und dazu noch optisch schick – ein gelungener Abschluss.
„Zur Traube“ in Unkel am Rhein bietet frische, kreative Küche mit tradionellem Weinort-Flair. Der Familienbetrieb punktet darüber hinaus in Restaurant und Hotel mit Herzlichkeit und Kompetenz.
Weinhaus Zur Traube und Gästehaus Korf
Lühlingsgasse 5
53572 Unkel/Rhein (Zufahrt Gästehaus Korf über Vogtsgasse)
www.traubeunkel.de