Schon seit jeher steht das Restaurant im Parkhotel Herne mit auf den vordersten Plätzen der kulinarischen Landkarte der Stadt. Das hat sich auch mit neuem Namen nicht geändert. Früher Parkrestaurant, heute Gute Stube. Klingt einladend. Und genau hier dreht sich das Menükarussell 2019 für uns das letzte Mal.
Wir werden freundlich vom Team begrüßt, persönlich und schriftlich am Tisch. Eine sehr nette Idee! Man fühlt sich doch gleich willkommen. Und diese Herzlichkeit des Service bleibt uns auch den gesamten Abend erhalten.
Gutes Essen in Wohlfühlatmosphäre
Wie üblich beim Menükarussel stehen auch in der Guten Stube 4-Gänge auf dem Programm. Natürlich inklusive – ausreichend! – Weinbegleitung. Und Wasser 😉 69,- Euro kostet der Spaß. Alles andere als zu teuer.
Was wäre ein Restaurantbesuch ohne Brot und Butter? Brot diesmal zweierlei, frisch, noch warm und lecker. Dazu Olivenöl und Salz. Die Ölflasche stellte sich als Pipette heraus. Witzig statt klassisch.
Vorweg schickt die Küche einen kleinen Gruß. Zwiebelkuchen, nicht herausragend, aber gut. Heilbuttmousse dafür fluffig, cremig, Samt für die Zunge.
Die Ceviche von der Rotgarnele kommt als Tatar auf den Teller. Frisch, leicht, gˋschmackig. Dazu Tompinambur in drei Konsistenzen: Tatar, Creme und Chip. Tompinambur erlebt im Moment eine kulinarische Renaissance. Wie wunderbar, dass diese Wunderknolle wieder entdeckt wurde.
Wunderbare Wunderknolle Tompinambur
Mir war sie bisher allerdings nur in warmer Form untergekommen. Ein Glück, dass Küchenschef Thorsten Brodal die kalte Variante entdeckt hat! Ergibt doch das mit Sonnenblumenkernen verfeinerte Tatar die perfekte Ergänzung zur Garnele. Tatar, Tatar, TATA! Und ein profan erscheinender Chip kann so lecker sein.
Gebackener Winterkabeljau mir Ducca, Rieslingsoße, Knusperreis und Kürbisrisotto. Der Fisch saftig und knusprig zugleich. Backfisch Deluxe! Knusperreis ist auch so ein aktueller kulinarischer Trend. Man muss ja nicht jeden Trend mitmachen, diesen schon. Der perfekte unaufdringliche Knuspereffekt für Genießer.
Knuspertrend Reis
Kürbisrisotto kann ja sooooo langweilig sein. Ist dieses aber nicht, weil Risotto mit Kürbiskernen und dazu ein feines Hokkaido-Ragout. Das Rieslingsößchen gibt etwas Spritzigkeit dazu. Ein rundum gelungener und geschmacklich abgestimmter Zwischengang.
Beim Hauptgang teilte sich der Tisch hälftig in Fisch und Fleisch. Entgegen der Ahnung des Service Fleisch für die Frauen, Fisch für die Männer. Man muss ja nun auch nicht jedes Klischee erfüllen 🙂
Zuerst der Fisch. Wir sind uns einig, der schwächste Gang des Abends. Das kross gebratene isländische Saiblingsfilet war leider etwas zu weit gegart. Beim Beluga-Linsen-Püree fragt man sich, warum in der gehobenen Küche immer alles püriert werden muss. Geschmacklich ist es einwandfrei, kräftig und leicht säuerlich. Aber es hätten gerne die Urform sein dürfen, wäre auch optisch gefälliger gewesen.
Die Gnocchi waren top, der Lauch auch. Der Räucher-Paprikasud kräftig und intensiv. Insgesamt ein leckeres Hauptgericht mit Luft nach oben.
Der Fleischgang an diesem Abend die bessere Wahl. Rosa gebratenes Rinderrücken-Medaillon mit geschmorter Backe in Burgunder-Schalottenjus mit Trompetenpfifferlingen, Broccoli und Pastinakenpüree. Der Rücken rosa wie versprochen, die Backe superzart und dazu diese Soße …. hmmmmm.
Fleisch: gut gewählt!
In diesem Fall geht auch die Sache mit dem Püree auf. Broccoli ist ja in meinen Augen ein Ungemüse. Also eins, was die Welt nicht braucht. In diesem Fall ist es einfach eine leckere grüne Beilage. Da hat mir die knackige Petersilienwurzel deutlich besser gefallen. Und dabei war die noch nicht einmal angekündigt.
Endspurt. Dessert. Es kommen auf den Teller zartbittere Schokoladenschnittchen mit Feigen-Meringue und Rahmeis. Die Schoki intensiv zartbitter (I like!) und mit einem säuerlichen Gelee bedeckt. Mein erster Gedanke: Dominostein. Damit ist für mich der Geschmack perfekt beschrieben.
Feigen-Meringue … ich bin ehrlich, ich musste es erst googeln. Bezeichnet als Baiser hätte ich sofort gewusst, was es ist. Die kleinen Eiweiß-Hütchen angenehm süß, allerdings leicht klebrig am Gaumen . Wie Baiser – sorry, Meringue – halt ist. Dann war da noch die gebackene Feige. Fairerweise muss man sagen, dass Feigen im März vielleicht etwas schwierig sind. Daher ließen diese die gewohnte cremige Süße etwas vermissen.
Schoki – Feige – Rahm
Das Rahmeis war Eis aus Rahm, nicht mehr und nicht weniger. Meine Beschreibung „eindimensional“ sorgte für Lacher am Tisch. Aber auch hier finde ich, es beschreibt den Geschmack perfekt. Die Zusammenstellung passte auf jeden Fall, der Rest ist Geschmackssache.
Sehr dankbar war ich für die Begleitung des Desserts mit trocken-fruchtigem Rotsekt statt Süßwein. Er harmonierte eben so gut zum Teller wie die Weine zuvor. Deutsche Weiße, ein roter Spanier, alle lecker und passend.
Bald ein Stern in Herne?
Küchenchef Thorsten Brodal war zuvor für die Kulinarik des 2-Sterne-Hauses Sackmann in Baiersbronn verantwortlich. Seine kreative Handschrift tut der Guten Stube gut. Definitiv könnte am Ende des Weges einer der begehrten Michelin-Sterne stehen. Ich drücke die Daumen. Und komme wieder!
Gute Stube im Parkhotel
Schäferstr. 109
44623 Herne
https://www.parkhotel-herne.de/de/kulinarik/stube.html