Traditionen soll man nicht brechen. Schon garnicht wenn diese mit gutem Essen zu tun haben. Deshalb hieß es auch 2020 für uns: Alle Jahre wieder – Menükarussell in der Vesttafel!
Wie üblich stand ein 4-Gang-Menü mit passender Weinbegleitung auf dem Speiseplan. Mit 49,90 Euro war die Vesttafel diesmal sogar noch günstiger als im Vorjahr beim „vestlichen“ Karussell. Für das Menü hätte das Restaurant in der Engelsburg in Recklinghausen aber auch gerne 5 Euro mehr statt weniger nehmen können.
Das Ambiente in der Vesttafel ist so, wie man es von einer Festtafel erwartet. Stilvoll, freundlich und – zum Glück – nicht mehr so lila wie im Vorjahr. Der Service sehr freundlich und immer mit einem netten Wort auf den Lippen.
Genau so brachte er uns auch zweierlei Brot mit Miso-Wasabi-Dip und Paprika-Kräuterbutter. Wasabi hab ich im Dip nicht so wirklich entdeckt, dafür war dieser aber ebenso würzig wie die Butter. Das Brot dazu war frisch und knusprig. Ein guter Einstieg!
Als kleiner und feiner Gruß der Küche wurde zügig ein Suppen-Shot aus Erbse und Broccoli serviert. Würzig, cremig, heiß – rundum gelungen und ein guter Starter ins Menü.
Im Anschluss begann sich das eigentliche Menükarussell zu drehen. Vorwärts ging es mit „Graupen unter Tage“. Marinierte gelbe und geringelte Bete, dazu ein Chip von der Urkarotte und samtiger Schaum von der Petersilienwurzel begleiteten die – natürlich schwarzen – Graupen.
Das Ganze war eine gelungene Komposition an Aromen, Texturen und Farben. Gut, dass es die Graupen ans Tageslicht in der Vesttafel geschafft haben!
Ein weiteres Mal ging es sehr zügig weiter mit dem Bergmannsspargel-Cappuccino. Der Service sicherte uns aber sofort eine anschließende Genusspause bis zum Hauptgang zu.
Bergmannsspargel = Schwarzwurzel
Zu den Zeiten des Bergbaus im Ruhrgebiet war das Geld bei den Einwohner eher knapp. Spargel galt daher als absolutes Luxusprodukt und wurde durch die in Form und Farbe ähnliche Schwarzwurzel ersetzt. Heute ist Spargel bezahlbar und die Schwarzwurzel fristet oft ein Schattendasein.
Schade, denn das Gemüse ist schmackhaft und eignet sich wunderbar für ein feines Süppchen, wie das in der Vesttafel. Ein paar geröstete Pinienkerne als knackige Einlage und Petersilienöl (als Gimmick in einer Pipette serviert) zur Abrundung – vielleicht auch für die Farbe – dazu und fertig war der leckere zweite Gang.
In der kleinen Pause bis zum Hauptgang durften wir weiter die Weinbegleitung genießen. In der Vesttafel wird gerne nachgeschenkt. Danke dafür, denn insbesondere der Weiße Burgunder vom Weingut Flick konnte überzeugen.
Unsere Wahl zum Hauptgang war am Tisch einhellig „Fleisch“. Genauer gesagt Schaufelstück (in Kellerbier geschmort) mit Dicken Bohnen und Potthucke. Die Anrichteweise würde ich mal als „Freestyle“ bezeichnen. Der Teller mittels eines Pürees aus Dicke Bohnen quasi geviertelt und dazwischen Fleisch und Potthucke verteilt.
Nun ja, wollen mir mal hoffen, dass sich dieser kreative Ansatz der Küche nicht durchsetzen wird 😉 Das Gericht überzeugte aber in ganzer Linie beim Geschmack und das ist ja das Wichtigere. Butterzartes Fleisch in göttlicher Soße und dazu extrem würzige Potthucke.
Sauerländer Potthucke
Vielleicht zur Erklärung: Potthucke kommt aus dem Sauerland und ist zunächst mal nicht mehr als eine Kartoffelmasse, die mit Eiern und Speck vermischt im Ofen gebacken und anschließend in etwas Fett knusprig in der Pfanne gebraten wird.
Klingt unspektakulär, war aber spektakulär lecker und die perfekte Sättigungsbeilage zum Schaufelstück. Man sollte sich viel öfter an die alten traditionellen Dinge erinnern und diese auf den Teller bringen.
Zum Dessert gab es Herrencreme ZweiPunktNull. Diese stellte sich als Vanilleparfait mit Schokomousse und Fruchtgelee vor. Die Mousse war fluffig und nicht zu süß, das Vanille-Parfait eher lala, aber in Summe mit dem säuerlichen Gelee eine ordentliche münsterländer Nachspeise.
Damit waren wir dann auch fertig mit Menü und Reise durch NRW. Wieder einmal war es ein schöner Abend in der Recklinghäuser Vesttafel. Gutes Essen, leckerer Wein und das in ungezwungen schicker Atmosphäre – was will man mehr? Nur eins: spätestens nächstes Jahr wieder kommen.
Festtafel
Das Restaurant in der Engelsburg
Augustinessenstraße 10
45657 Recklinghausen
www.vesttafel.de
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