Wir hatten uns auf sonnige Tage und laue Sommerabende am Chiemsee gefreut. Daraus wurde leider nichts. Wir hatten uns auch auf leckere bayrische Küche in schönen Biergärten gefreut. Auch aus den Biergärten wurde leider nichts. Aber ausgezeichnete bayrische Küche durften wir dennoch genießen – im Oberwirt Chieming. Das Team um Küchenchef Kevin Paradiso hat sich selbst den Beinamen „Das Chiemsee Kulinarium“ gegeben. Da ich diesen absolut passend fand, habe ich mir den mal für den Titel dieses Posts geklaut.
Das Hotel und Restaurant Zur Post „Oberwirt“ im ruhigen Ort Chieming hat eine lange Tradition. Anfang 2019 wurde das Restaurant vom Hotel getrennt und Kevin Paradiso übernahm das Ruder. Seitdem wird traditionelle bayrische Küche neben Brotzeiten und saisonalen Leckereien serviert. Jüngst bekam das Team des Oberwirt Chieming das Siegel „Ausgezeichnete Bayrische Küche“. Und das schmeckt man!
Ausgezeichnete Bayrische Küche
Vorweg nahm meine bessere Hälfte zur Abwechslung mal ein Süppchen 😉 In diesem Fall das Süppchen der Saison: Kürbissuppe, passend zum Wetter draußen, das absolut herbstlich war. Serviert wurde das Süppchen, das von der Menge her auch als ausgewachsene Suppe durchging, ganz modern in einem kleinen Topf. Den Deckel gelüftet erschien eine feine Kürbiscreme, die schon farblich unverkennbar war.
Ich bin kein Suppenfan und kann mich für Kürbis auch nur sehr begrenzt begeistern. Aber dieses Süppchen konnte sogar mir gefallen. Klassisch in der Würze, perfekt in der Konsistenz und mit einem knackigen Topping aus gerösteten Kürbiskernen war es wirklich sehr fein. Die Sahne war kaum fettig und das Kürbiskernöl von anständiger Qualität. Eine rund Sache und ein gelungener Start in das Chiemsee Kulinarium des Oberwirt Chieming.
Ich entschied mich für das sanft geschmorte Gulasch mit Serviettenknödeln und Salat (natürlich!). Das Gulasch war, wie auf der Speisekarte versprochen, herrlich zart und intensiv im Geschmack. Dazu reichlich leckere Soße, von der kein Rest auf dem Teller zurück blieb. Ob man die Serviettenknödel hätte anbraten können, darüber sollen sich die Geister streiten. Mich hat es nicht gestört, so taugten die fluffigen Knödel nämlich perfekt als Soßenschwamm.
Der Salat war wie erhofft bayrisch lecker! Ihr wisst ja, jenseits des Salatäquators und so. Frische Blattsalate, ein Löffel Kartoffelsalat, Möhren, Sprossen, leckere Gurken und ein wunderbares Dressing machen mich glücklich. Ich hab mir den Salat am nächsten Tag natürlich nochmal bestellt!
Wenn Leber auf der Speisekarte steht, dann kann ich eigentlich drauf wetten, dass diese auf dem Teller gegenüber landet. Weil es die nämlich in der Stullenstube nie gibt. Im Oberwirt Chieming war zarte Kalbsleber mit Apfel-Zwiebel-Glace und Rösti angekündigt.
Die Leber war wirklich sehr zart (ja, ich habe mich getraut, zu probieren) und fand in dem feinen Jus einen standesgemäßen Begleiter. Sensationell waren die Rösti. Außen knusprig, innen cremig und trotzdem mit Biss und vor allem kräftig gewürzt. So machen Rösti richtig Spaß!
Am nächsten Tag hatten wir uns mit Chef Kevin Paradiso in seinem Küchenreich verabredet. Er gewährte uns Einblicke in seine Struktur und Abläufe, die wirklich beeindrucken können. Kevin hat eine klassische Kochausbildung und dazu ein Studium der Lebensmitteltechnik abgeschlossen. Deshalb findet man in der Küche des Oberwirt neben frischen Produkten auch viel Verständnisse für chemische Reaktionen und geschmackliche Zusammenhänge.
Natürlich gilt auch hier das zeitgemäße Prinzip „from nose to tail“, die Tiere – ausnahmslos heimisch – werden komplett verwertet. Aus Respekt, so gehört sich das! Kurzum, das Konzept in Kevins Küche ist stimmig und bringt vor allem leckeres Essen auf die Teller.
So wie auch das nächste Süppchen am Abend. Erneut in einem Töpfchen serviert, aber selbstverständlich diesmal in einem anderen. Rinderbrühe mit Leberspätzle, soll sehr lecker gewesen sein 🙂
Im Oberwirt gibt es neben der Standardkarte auch ein saisonales Speisenangebot. Neben der schon erwähnten Kürbissuppe gab es Geschnetzeltes vom Schwein mit frischen Pfifferlingen. Gelesen, bestellt. Das Fleisch war saftig, was in einem Ragout nicht selbstverständlich ist. Die Pfifferlinge schwammen in einem feinen Rahmsößchen, das nicht zu fettig war und das bis zum letzten Rest weggelöffelt wurde.
Erneut ein Traum waren die Rösti, die an diesem Abend perfekt mit Rosmarin gewürzt waren. Echtes bayrisches Soulfood geht so!
Ich entschied mich für das Holzfällersteak von der Alpenlende mit Minikartoffeln und Speckbohnen. Das Fleisch kam – wie bestellt – perfekt medium-rare gebraten auf den Teller und war superzart und intensiv im Geschmack. Und damit meine ich neben der Würze auch die Fleischigkeit, die man nur bei guter Qualität schmeckt. Bayrisches Rind hat eben viel frische Luft.
Die Minikartoffeln entpuppten sich als knusprige Brat-Drillinge, die bis an die Salzkante gewürzt waren. Die Speckbohnen hatten den richtigen Biss und machten neben den crispy Zwiebeln das Steak komplett.
Heute mal Dessert
Ganz spontan entschieden wir uns diesmal für ein Dessert, war ja schließlich Urlaub. Außerdem bringt Süßes Sonne fürs Herz, wenn sie schon am Himmel Mangelware ist. Und da passte es doch, dass das Soulfood schlechthin auf der Karte stand – Kaiserschmarrn mit Apfelmus. Das Ganze zum Glück in einer desserttauglichen Größe und nicht in Portionsgröße für eine ganze Fußballmannschaft.
Der Kaiserschmarrn war luftig und nicht zu süß. Wenn wir gewollt hätten, dann hätte es Rumrosinen und/oder Mandelblättchen dazu gegeben. Uns reichte der Schmarrn ganz pur. Das Apfelmus war unspektakulär, aber lecker. Ich hätte es nicht gebraucht, aber das ist Geschmackssache. Auf jeden Fall war das Dessert der passende Abschluss für unsere bayrischen Genusstage im Oberwirt Chieming.
Wie gesagt, hatten wir kein Biergartenwetter. Sonst hätten wir es uns sicher im lauschigen Garten gemütlich gemacht. Aber man muss ja immer einen Grund haben, um wiederzukommen 😉
FAZIT: Im Oberwirt Chieming bekommt man (zurecht ausgezeichnete) bayrische Küche mit saisonalen Einflüssen. Manchmal ganz klassisch, manchmal mit mutigem Schritt zur Seite, aber immer von bester Qualität und superlecker. Dazu ist der Service herzlich und kompetent und vertritt das kleine Küchenteam rund um Chef Kevin Paradiso perfekt am Gast.
Gerne wieder!
Restaurant Oberwirt
Laimgruberstr. 5
83339 Chieming
www.restaurant-oberwirt.de