Es gibt schöne Abende mit gutem Essen. Es gibt schöne Abende mit nicht so gutem Essen. Und es gibt solche Abende, an denen nicht nur der Gaumen, sondern auch die Seele verwöhnt wird. So wie in der Bachstelze Erfurt – Zuhause bei Maria und Matthias.
2015 übernahm die ehemalige Sterneköchin Maria Groß die im beschaulichen Erfurt-Bischleben gelegene Bachstelze. Maria Groß ließ bewusst die Sterne hinter sich, um mit ihrem neuen „Baby“ etwas ganz Besonderes zu schaffen. Und das ist ihr – zusammen mit Ihrem Lebenspartner Matthias Steube – wunderbar gelungen.
Die Bachstelze ist anders. Bunt, manchmal fast kitschig, herzlich und Balsam für die Seele. Schon beim Betreten des wunderschönen Biergartens fühlt man sich wie zuhause. Liebevoll eingedeckte Tische -wenn man Glück hat, mitten unter der riesigen Kastanie – erwarten uns an diesem Abend zum Bachstelzenmenü.
Bachstelzenmenü – ganz saisonal-regional
Auch das ist bei Maria Groß anders: es gibt nur ein Menü und was es gibt, entscheidet sie nach Tagesangebot. In der Bachstelze werden nur regionale Produkte verwendet, einzig der ein oder andere Wein kommt von auswärts. Also nahmen wir mit Aperitif und Amuse Bouche Platz und ließen uns überraschen.
Zunächst mal vom Amuse, einem Stück Thüringer Bratwurst vom Grill auf Sauerkrautsalat mit Minze. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass Sauerkraut mit Minze funktioniert. Tut es aber wunderbar!
Zusätzlich zum Menü kann man ein Signature-Dish bestellen. Einen Zwischengang, den Maria nur anbietet, wenn es tagesfrisch was Spannendes gibt. An unserem Abend war Maibock aus dem Wald nebenan im Angebot. Ließen wir uns natürlich nicht entgehen 😉
Und noch was ist anders in der Bachstelze: die Gerichte werden einfach in die Mitte des Tisches gestellt. Zum Teilen und drüber reden. So hat man dann auch die Möglichkeit, nach eigenem Gusto zu probieren – einige Dinge mehr, einige weniger. Ganz entspannt – eben wie zuhause.
Wir entschieden uns natürlich auch für die passende Weinbegleitung. Diese wurde herzlich präsentiert von Matthias, der uns auch in allen anderen Dingen den ganzen Abend begleitete. Er hatte zu jedem Wein eine kleine Geschichte parat, fern ab von trockenem Sommelier-Latein.
Und dann ging es los mit Menü und prall gefülltem Tisch. Den Anfang machte ein kalter Kohlrabi-Gurken-Shot, begleitet von einem säuerlichen Kohlrabi-Speck-Röllchen. Ein leichter, spritziger Start in den Abend.
Es folgten lauwarmes, knuspriges Hausbrot (superlecker!!!) mit Rohmilchbutter und Hauswurst. Die Hauswurst war natürlich hausgemacht aus frischem Wildbret und kräftig gewürzt. Und da waren wir noch nicht im ersten Gang angelangt.
Der bestand nämlich aus einem Sommersalat, Ceviche, Aubergine und Blumenkohl. Nicht zusammen natürlich 😉 Der Salat war Sommer pur: Zuckerschoten, Möhre, bunte Beten, Erbsen, Lauch …. verfeinert mit fruchtig-süßer Melone in schmeichelndem Dressing. Dazu die weibliche Maria-Note in Form diverser Blüten.
Bunte Blüten und intensiver Geschmack
Ein farbenfroher und knackig-frischer Teller, der Lust auf mehr machte. Sollte es geben. Ceviche von der heimischen Forelle mit Apfel, Gurke und Aprikosengelee. Dazu für Farbe und Geschmack ein paar Boretsch-Blüten. Der Fisch war zart und dennoch intensiv im Geschmack.
Wo bitte bekommt man denn auch Forelle in dieser Qualität, wenn man nicht den Angler an der Gera persönlich kennt?
Zur Vorspeise servierte uns Matthias einen Weißburgunder vom Weingut Born, der tatsächlich mit der bunten Auswahl an Gerichten harmonierte. Tatsächlich auch mit dem „Allerlei vom Blumenkohl“.
Kräftig angebratene Scheibchen, sauer gepickelte Streifen und ein Mandel-Blumenkohl-Püree mit dezenter Schärfe lieferten geschmackliche Blumenkohlvielfalt. Das sonst eher langweilige Gemüse erfuhr so eine neue Dimension, auch – oder gerade wegen – der Granatapfelkerne und Holunderblüten.
Blumenkohl mal nicht langweilig
Und dann war da noch die Aubergine. Weder mein liebstes Gemüse noch das meiner besseren Hälfte. Dementsprechend vorsichtig tasteten wir uns ran und waren mehr als überrascht. Diese Aubergine war einfach nur geil!!!
Eine halbe geschmorte Aubergine mit leichter Tahina-Creme (verfeinert mit einer angenehmen Prise Chili) und einem Topping aus Rote-Bete-Couscous und Tomatenkernen. Mit dem Löffel rein und ab in den Mund – SENSATIONELL!!! Ein irrer, unbekannter, aber unglaublich guter neuer Geschmack.
Danke Maria! Danke Haya 😉
Beim kleinen Plausch nach dem Essen sprach ich Maria auf die Aubergine an und sie bekannte ganz offen, dass dies nicht Ihre Idee, sondern ein Rezept der Israelischen Köchen Haya Molcho sei. Nicht jeder Starkoch hätte das so zugegeben. Einfach sympathisch!
Der nächste Gang wurde als Signature Dish nicht zum Teilen serviert. Ich hätte von meinem Maibock auch nur sehr ungern etwas hergegeben 😉 Und das, obwohl ich bei Reh wegen des oftmals lebrigen Geschmacks eher etwas zurückhaltend bin.
Ein Traum vom Maibock
Dieser Maibock war einfach nur traumhaft. Und der dazu großzügig servierte Morchelrahm schaffte ein perfektes Geschmackserlebnis. Man merkte, dass es ein glückliches Tier gewesen war. Und man merkte Marias Passion für wunderbare Soßen!
ABER: das war ja erst der Zwischengang. Weiter ging es im Menü. Und weiter ging es mit dem vollen Tisch.
Zweierlei vom Lamm – rosa gebratener Rücken und zart geschmorte Mini-Haxe – dazu intensive Soße mit Tomate und kleinen Würfelchen grüner Paprika. In einer kleinen Kokotte wurden fluffige Gnocchi serviert, die im Inneren einen Trüffelkern offenbarten.
Auch dieses Gericht strotzte nur vor intensiven Aromen und feinem Spiel der Gewürze. Die Gemüsebeilage aus Bohnen, Pilzen, Mangold und Tomate wirkte fast zufällig. War sie vielleicht auch. Ich hatte bei allen Gerichten das Gefühl, dass Maria diese mit Spontanität kreiert und nicht unbedingt einem festen Fahrplan folgt.
So entstanden wunderbare Kombinationen, die man so nicht erwartet hätte. Anders und bunt wie alles in der Bachstelze!
Beim Dessert konnten wir zwischen „Süß“ und Käse wählen. Wie es sich gehört, wählten wir eins/eins. Das „Süß“ war ein Quarkknödel auf Joghurt-Creme mit Erdbeeren und kleinen Baisers. Separat serviert dazu ein Gläschen mit Vanilleparfait, was das Einzige an diesem Abend war, das mir nicht geschmeckt hat. Was soll`s!
Der Knödel war luftig und harmonierte zum Rest auf dem süßen Teller. Ein leckeres Dessert, was aber wegen der reichlichen Portionen (Thüringen halt ;-)) vorweg nur anteilig in meinem Magen landete. Die Käseauswahl war hochwertig und die schwarze Walnuss dazu machte Spaß.
Zum Abschluss gönnten wir uns einen Digestif aus Matthias`Bauchladen. Auch dieser von einer nahegelegenen Distille, das Prinzip „Regional“ wird in der Bachstelze eben konsequent verfolgt.
Am Ende des wunderschönen Sommerabends im Bachstelzen-Biergarten radelten wir glücklich und rundum selig an der Gera zurück nach Erfurt und waren uns sicher, dass wir nicht das letzte Mal bei Maria und Matthias zu Gast waren!
Bachstelze
Hamburger Berg 5
99094 Erfurt/Bischleben
www.mariaostzone.de
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17achtzig Recklinghausen
AH Bistro by Tobias Bätz
Schmidt Z&Ko Berlin