Neulich zu Besuch in Köln durfte ich erleben, dass die Stadt vielmehr kann als Brauhaus und Kölsch. Auch wenn das zu passender Gelegenheit sicher auch nicht verkehrt ist. An diesem Abend sollte es aber französisch werden in Köln-Rodenkirchen. Ich sage Mercí, Petite Marie!
Rodenkirchen im Süden Kölns hat – wie so einige Veedel der Stadt – direkten Anschluss an Vater Rhein. Der dortige Strandabschnitt ist daher auch als Kölsche Riviera bekannt. Das Petite Marie hat keinen Rheinblick, dafür aber gemütliche Tische in einem überschaubaren Ecklokal mitten auf der Hauptstraße.
Die Begrüßung durch den Service konnte kaum herzlicher sein. Wir kamen uns vor, als wären wir Stammgäste, die gestern erst da waren. Nur gut, dass wir reserviert hatten! Am Wochenende wird es sonst schwer, ein freies Plätzchen zu ergattern.
Das kulinarische Konzept im Petite Marie? Nach eigenen Angaben: Klassische französische Landküche. Ich finde, auch sonstige mediterrane Einflüsse lassen sich auf der kleinen, aber feinen Karte nicht leugnen.
Eigentlich ist die Karte ja auch eine Tafel, die zum Aussuchen an die Tische reist. Erst zum einen, dann gemütlich zum nächsten. Alles ohne Eile ganz im Sinne des französischen „le savoir-vivre“. Warum soll man auch hetzen, wenn man so vorzüglichen Wein im Glas hat?
Bei Studieren der Tafel-Karte stolperte ich über das „Tatar mit Pommes“. Eine noch nie gehörte Kombination, daher musste sie unbedingt auf meinen Teller. Das Tatar mit Pommes war nicht irgendeine metaphorische dekonstruierte 2.0-Version. Es war Rindertatar mit Pommes – und Majo!
Frisches Rindfleisch (zart und grob geschnitten wie ich es mag) mit den klassischen Zutaten von Gürkchen über Sardellen bis zum frischen Eigelb. Wie ich inzwischen weiß, ist es in Frankreich üblich, dass Tatar direkt am Tisch zuzubereiten und nicht vorher schon zu würzen.
Und auch dies Pommes dazu sind tatsächlich typisch. Vernünftig, schmeckt nämlich wunderbar zusammen. Zumal wenn die Pommes so frisch und knusprig sind wie im Petite Marie.
Auf dem Nebenteller gab es Thunfisch-Carpaccio. Hauchdünn und natürlich auch von bester Qualität wird das Ganze mit etwas Queller für die Salzigkeit serviert. Eine sehr leckere Vorspeise, bei der ich die angesprochenen mediterranen Einflüsse erkenne.
Die Paté Maison mit Salat wurde am Tisch auch gewählt. Meine Aversion gegen Leber hielt mich vom Probieren ab. Mir wurde aber glaubhaft versichert, dass sie wunderbar geschmeckt hat. Gleiches gilt im Hauptgang für das Rinderfilet mit Pfeffersoße. Das sah schon so gut aus, das musste einfach lecker sein.
Meine Freundin wählte das Enten-Konfit mit Champagner-Kraut und Cassis-Soße. Dies war auch zunächst meine erste Wahl. Ich ließ mich aber von dem Gedanken an die vermutlich süße Cassis-Soße davon abhalten. Probieren durfte ich trotzdem. Das Fleisch fiel butterzart fast vom Knochen. Das Kraut knackig und mit feinperliger Säure, die die tatsächlich dezent süße Soße perfekt ergänzte.
Neben der Karte gab es als Empfehlung des Küchenchefs Marc Ollivaux ein Cassoulet mit Lammschulter sowie Boeuf Bourguignon.
Gehört, bestellt!
Das Boeuf Bourguignon war vom Schmoren im Burgunder fast schwarz. Auch geschmacklich lies sich der feine französische Rotwein erahnen. Sowohl im zarten Fleisch als auch in der wunderbaren Soße. Kräftig, glänzend, schmelzig. Serviert werden im Petite Marie dazu frische Garganelli mit Parmesan. Wir waren uns einig, dass vielleicht ein Kartoffelgratin besser gepasst hätte. Aber das nur am Rande.
Das Cassoulet ist ein Eintopf aus weißen Bohnen mit Speck und Fleisch. Ursprünglich stammt er aus dem südfranzösischen Languedoc und hat es vor einigen Jahren als eine Art Nationalgericht sogar auf eine Briefmarke der französischen Post geschafft.
Marke hin oder her, das Cassoulet im Petite Marie hat jede Auszeichnung verdient. Ich mag die Komponenten garnicht einzeln beschreiben und bewerten. Das, was mir heiß aus dem Ofen in einer einfachen Tonschale serviert wird, ist einfach nur Soulfood. Ein Seelenwärmer und Glücklichmacher erster Güte! Danke, Marc Ollivaux.
Diesmal kann ich Euch sogar was zum Dessert berichten. Nicht, dass ich mir nach dem Eintopfsegen noch eins hätte bestellen wollen. Die zweite Frau am Tisch jedoch hatte schon im Vorfeld angedroht, das Petite Marie nicht ohne den Genuss der Crème bruleé zu verlassen.
Ich finde das Foto spricht Bände 😉 Wenn das Gesicht zur Hand am Löffel so strahlt, dann kann nichts Schlechtes im Schälchen sein, oder? Ich hab die Crème probiert und kann das Lächeln verstehen, auch diese sehr lecker!
Namensgeber für das kleine französische Restaurant im Kölner Süden ist übrigens die – inzwischen leider verstorbene – französische Bulldogge der Inhaberin. Das Konterfeis der Petite Marie erblickt man schon beim Betreten des Restaurants über dem Eingang. Ich musste direkt lächeln. Und das, obwohl ich da noch nicht wusste, welch wunderbare französische Küche uns erwartet.
Mercí, Petite Marie!
Noch ein Beispiel für leckeres Essen in Köln? Dann schaut mal im maiBeck für Dich vorbei.
Restaurant Petite Marie
Hauptstraße 61
50996 Köln – Rodenkirchen
www.restaurant-petitemarie.de
Liebe Michaela,
das hast du so wunderschön und treffend beschrieben, dass mir jetzt schon wieder das Wasser im Mund zusammen läuft! Nicht nur (aber auch) beim Gedanken an die Creme brûlée!!!
Es war wirklich ein Fest und umso schöner, den Abend und die Erfahrung mit euch geteilt zu haben.
Unbedingt ganz bald wieder,
Cerstin