Wenn ein Stammlokal plötzlich auf die Idee kommt, das Konzept zu ändern, dann beginnt ein kulinarisches Zittern. So ging es mir, als Nunzio vor einiger Zeit verkündete, mit neuem Küchenchef in seiner Trattoria Puglia zukünftig „Fine-Dining“ zu servieren. Musste natürlich umgehend getestet werden 😉 Und was soll ich sagen: das neue Konzept passt wunderbar und geht absolut auf.
Fine-Dining in Castrop-Rauxel
Jetzt ist natürlich die Frage, was man unter Fine-Dining versteht. Für mich gehört unbedingt eine feine Tellersprache dazu. Für ein italienisches Restaurant ist das zunächst mal nicht ganz einfach, weil Pasta beim Anrichten meist eine eigene Dynamik entwickelt. Bei den Vorspeisen aber hat die Trattoria Puglia optisch voll abgeliefert. Geschmacklich im übrigen auch!
Die Vorspeise war eine bunte Mischung aus beliebten Klassikern wie Vitello Tonnato und gegrilltem Gemüse sowie modernem Kalbstatar und Oktopusssalat. Alles perfekt zubereitet und abgeschmeckt. Herrlich dazu: die lauwarme, hausgemachte Foccacia! Der Teller war ganz weit weg von dem üblichen italienischen Allerlei.
Wunderbare Vorspeise und kreative Caprese
Genauso wie die Caprese-Variation mit Burrata, verschiedenen Tomaten (gepickelt, mariniert, aromatisch) und Puntarelle. Letzteres wird auch Vulkanspargel genannt und ist definitiv viel zu selten auf Speisekarten zu finden. Die knackige Bitterkeit des Gemüses passt nämlich wunderbar zu der frischen Säure von Tomaten.
Ein echtes Highlight an diesem Abend in der Trattoria Puglia war der gegrillte Oktopus, der nicht nur traumhaft zart war, sondern auch perfekte Röstaromen mitbrachte. Der Tomatenhummus konnte wirklich als Beilage überzeugen. Und dabei können wir der Kichererbsenpaste sonst so garnichts abgewinnen. Der besondere Clou: eine Scheibe gegrillter Zitrone, die dem Oktopus deutlich mehr schmeichelte als purer Zitronensaft.
Ich finde Tagliatelle aus dem Parmesanlaib grundsätzlich etwas 90er-Jahre und altbacken. Aber meine bessere Hälfte hatte an diesem Abend Appetit darauf. Und was soll ich sagen, auch dabei hat die Trattoria Puglia überzeugt. Cremige, al dente gekochte Nudeln und reichlich Trüffel zauberten echtes Soulfood auf den Teller. Mein Tipp: falls Ihr wählen könnt, dann entscheidet Euch für geraspelten statt gehobelten Trüffel. So fällt das Aroma deutlich intensiver aus. Danke für den Tipp, Nunzio!
Mit dem Lamm-Ossobuco wurde mir butterzartes Fleisch in fast schon bäuerlicher und wunderbar kräftigen Soße serviert. Begleitet wurde die reichliche Portion Fleisch von einer cremigen Kräuterpolenta. Eigentlich auch nicht so richtig mein Ding. Die Polenta in der Trattoria Puglia aber war perfekt: schlotzig (aber nicht schmierig), kräftig gewürzt (aber nicht zu vordergründig) und dadurch ein toller Soßenträger.
Wir waren zu viert und ich durfte auch die anderen Gerichte am Tisch fotografieren und vor allem probieren. Die Bärlauchtagliatelle mit Pesto und gebratenen Garnelen war eine harmonische Kombination und eine Hommage an den bevorstehenden Frühling. Übrigens sind die Nudeln in der Trattoria Puglia hausgemacht.
Das Kalbsmedaillon mit Olivenkruste war aromatisch ein kräftiger Gegenpol. Dazu Kartoffeln in zwei Konsistenzen und eine spritzige Zwiebelmarmelade. Eine tolle Geschmackskomposition!
Zu den Klassikern auf der Speisekarte der „neuen“ Trattoria Puglia gehört das Tiramisu. Wenn man einen Fehler finden will, dann war es vielleicht ein Hauch zu viel Kaffeepulver. Aber wen interessiert das schon, wenn das Dessert so lecker ist. Ein Tiramisu, wie es sein muss!
Mir war eher nach einem fruchtig-frischen Finale. Da kam mir das Tartufo al Limoncello mit Mango-Sorbet gerade recht. Eine handwerklich perfekte, süß-fruchtige Sünde mit fast femininer Tellersprache.
Kurzum: das Fine-Dining in der Trattoria Puglia ist für mich ein Konzept, das passt! Ich komme sehr gerne bald wieder und freue mich schon auf die Sommersaison auf der Terrasse.
Trattoria Puglia
Obere Münsterstraße 2
Ecke Thomasstraße
44575 Castrop-Rauxel
www.trattoria-puglia.de
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